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Erfahrungsberichte

Das Leben im Rollstuhl und der Kampf mit dem Gewicht

Personen, die unfall- oder krankheitsbedingt auf den Rollstuhl angewiesen sind, sollten auf ihre Ernährung achten, um nicht übergewichtig zu werden. In der ersten Zeit nehmen zwar viele Betroffene ab, da sie Muskelmasse verlieren und teilweise aus psychischen Gründen wenig Appetit verspüren oder aufgrund ihrer Schmerzen nicht ausreichend essen mögen.

In dieser Zeit sind wir als Ernährungsberater besorgt, den Patientinnen und Patienten wieder zu einer ausreichenden Nahrungsaufnahme und damit zur Deckung des Nährstoff- und Energiebedarfs, der sich unter anderem aufgrund des Alters, Geschlechts, Stoffwechsels und der Grösse von Person zu Person unterscheidet, zu verhelfen.

Kalorienbedarf von Rollstuhlgängern ist geringer

Bei schlaffen Lähmungen reduziert sich die Muskelmasse der Beine und anderer Körperteile unterhalb der Läsionshöhe. Oft ist deshalb auch die Bauchmuskulatur reduziert, da die inneren Organe nicht mehr von der Muskulatur gehalten werden. Der Bauch steht dadurch etwas hervor, was aber nicht mit einer Gewichtszunahme einhergeht, auch wenn es optisch entsprechend aussieht.

Wenn sich nach der Phase des Appetitverlusts die Nahrungsaufnahme wieder normalisiert, neigen viele Rollstuhlgängerinnen und Rollstuhlgänger aufgrund ihrer Immobilität und dem daraus resultierenden niedrigeren Kalorienbedarf zu einer Gewichtszunahme. Diese kann schleichend und über die Jahre kaum merklich erfolgen. Wer jährlich zwei Kilogramm zunimmt, hat in zehn Jahren 20 Kilogramm mehr auf den Rippen - ein Gewicht, das gestemmt werden muss. Auf die Mobilität und die Gelenke wirkt sich dieses zusätzliche Gewicht negativ aus: Transfers sind deutlich anstrengender und die Belastung der Gelenke, insbesondere der Schultern, nimmt zu. Gezielte Ernährung und sportliche Betätigung können helfen, das Normalgewicht zu halten.

Diäten waren gestern – Ernährungs- und Verhaltensumstellungen sind das Ziel

In den letzten Jahren haben sich die Erkenntnisse bezüglich einer sinn- und verantwortungsvollen sowie nachhaltigen Gewichtsreduktion grundlegend verändert. Während den Übergewichtigen früher 800-Kalorien-Diäten verordnet und strenge Ernährungspläne mit vielen „verbotenen“ Nahrungsmitteln abgegeben wurden, versuchen wir heute mit den Betroffenen langfristige, sehr individuelle Ernährungs- und Verhaltensumstellungen zu erarbeiten. Eine Gewichtsreduktion von mehr als eins, zwei Kilos ist keine einfache Angelegenheit, die schnell erfolgt. Sie sollte auf längere Zeit ausgelegt und mit Sachverstand betrieben werden. Zu gross ist sonst der Jo-Jo-Effekt, also das Risiko, rasch ab- und bald wieder - meist noch mehr als vorher – zuzunehmen. Voraussetzung für den Erfolg ist die Bereitschaft der Person, etwas verändern zu wollen und Eigenverantwortung zu übernehmen.

Als Ernährungsberater orientieren wir uns an der Schulmedizin, also an evidenzbasierten Richtlinien und versuchen, zusammen mit den Betroffenen Ernährungs- und Verhaltensumstellungen zu erarbeiten.

Ernährungsanamnese: Ein intimes Gespräch rund um das Essverhalten

In einem ersten Gespräch wird mit dem Patienten die Ernährungsanamnese erhoben. Wann wird wo, zu welcher Zeit, was, in welcher Menge, mit wem gegessen und getrunken? Wie war die Gewichtsentwicklung im Verlaufe des Lebens? Wie sieht die Gewichtsverteilung in der Familie aus? Welche Medikamente werden eingenommen? Was sind beliebte/unbeliebte Nahrungsmittel und weshalb? Diese und viele Fragen stehen dabei im Zentrum. Alles in allem ist diese Anamnese ein sehr intimes Gespräch, bei dem wir viel Persönliches in Erfahrung bringen müssen. In einem zweiten Schritt diskutieren wir mit den Betroffenen die Besonderheiten, welche uns anhand der Anamnese auffallen. Dazu gehören folgende Themen: Welche Punkte können als erstes angegangen werden? Welche Hilfestellungen benötigen die Patienten? Welche Alternativen existieren für ungeeignete Nahrungsmittel? Kann versucht werden gewisse Nahrungsmittel langsam und stufenweise gegen andere auszutauschen?

Hauruck-Übungen und Verbotslisten sind nicht zielführend, da sie oft schnell verleiden. Schrittweise Umstellungen dagegen benötigen Zeit und einen langen Atem. Sie beinhalten aber einen Lernprozess und sind längerfristig erfolgreich.

Regelmässige Mahlzeiten sind wichtig

Wichtig ist, dass die Patientinnen und Patienten regelmässige Mahlzeiten einnehmen und diese planen – so kann Heisshunger reduziert und gleichzeitig das Darmmanagement positiv beeinflusst werden. Auf die Einnahme von zucker-, salz- und fettreichen Snacks zwischen den Mahlzeiten sollte aber möglichst verzichtet werden. Die regelmässige Einnahme kalorienfreier Getränke kann das Sättigungsgefühl unterstützen und trägt wiederum zu einem gut funktionierenden Darmmanagement bei.

Mahlzeiten sollten immer schmackhaft, appetitlich und abwechslungsreich sein. Es ist sehr gut, wenn man die Zutaten eines Gerichts erkennen kann oder die Mahlzeit sogar selber zubereitet. Man weiss dann auch, was sie beinhaltet. Eine einfache Faustregel besagt, dass eine Mahlzeit aus drei Komponenten bestehen sollte: Aus einem Drittel Eiweiss (Fleisch, Fisch, Eier oder Milchprodukte), aus einem Viertel Kohlenhydrate (Kartoffeln, Teigwaren, Reis, Mais oder anderes Getreide) und der Rest sollte aus Gemüse, Salat und Obst bestehen.

Wenn die Zubereitung fettarm ist und regelmässig Vollkornprodukte eingeplant werden, werden weniger Kalorien zugeführt, eine bessere Sättigung erzielt und die Darmmotilität, also Darmtätigkeit, angeregt.

Generell ist es keine einfache Aufgabe, längerfristig Übergewicht abzubauen und das Gewicht dann auch auf einem tieferen Niveau zu halten. Die erste und wichtigste Umstellung muss im Kopf der Betroffenen stattfinden. Wir versuchen sie auf diesem Weg so gut wie möglich zu unterstützen.